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Für: Medienprogramm Subsahara-Afrika der Konrad-Adenauer-Stiftung
Im Buch "It is about their story – How China, Turkey and Russia influence the media in Africa" der KAS auf Englisch erschienen.

I want you to want me – Die Türkei und Afrikas Medien

Inhalt

Die Türkei als neuer Spieler auf dem afrikanischen Kontinent

Bis zum Ende des Kalten Krieges war die Türkei politisch und wirtschaftlich weitgehend auf Westeuropa und die USA ausgerichtet. In den 1990er Jahren begann sie auch in anderen Regionen außenpolitisch aktiver zu werden. Die Schwerpunkte der neue multilateral orientierten Außenpolitik waren die zentralasiatischen Staaten der zerfallenen Sowjetunion mit ihren turksprachigen Bevölkerungen sowie die Balkanstaaten und die Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas, als ehemalige Gebiete des Osmanischen Reichs. Mit dem Aktionsplan Expansion nach Afrika kam 1998 auch das sub-saharische Afrika dazu. Allerdings dauerte es aufgrund der Wirtschaftskrise in der Türkei um die Jahrtausendwende bis Afrika 2005 tatsächlich zu einem gewichtigen Feld der türkischen Außenpolitik wurde.

2003 wurde unter Federführung des Außenministeriums die Strategie zur Entwicklung der ökonomischen Beziehungen mit den afrikanischen Ländern> erarbeitet. Das Jahr 2005 erklärte die türkische Regierung zum Afrika-Jahr. Im März dieses Jahres besuchte Recep Tayyip Erdoğan als erster türkischer Ministerpräsident mit Äthiopien und Südafrika Länder im sub-saharischen Afrika und am 12. April 2005 erhielt die Türkei bei der Afrikanischen Union einen Beobachterstatus. Vom 18. bis 21. August 2008 veranstaltete die Türkei in Istanbul das erste Gipfeltreffen zu Kooperation zwischen der Türkei und Afrika, an dem 49 afrikanische Staaten teilnahmen. Mit der dort verabschiedeten Istanbuler Deklaration zur Partnerschaft zwischen der Türkei und Afrika: Kooperation und Solidarität für eine gemeinsame Zukunft und dem Kooperationsrahmen für die Partnerschaft zwischen der Türkei und Afrika bildete dieser Gipfel den Auftakt zur realen Umsetzung der türkischen Afrika-Strategie.

In diesen beiden Abkommen werden die Felder der türkischen Aktivitäten in Afrika umrissen. In der Istanbuler Deklaration heißt es: «Wir vereinbaren eine intensive Zusammenarbeit, im Besonderen in den folgenden Bereichen und wie in der hier beigefügten Rahmenvereinbarung zur Kooperation: 1) Kooperation zwischen den Regierungen; 2) Handel und Investitionen; 3) Landwirtschaft, Agrarindustrie, ländliche Entwicklung, Management der Wasserressourcen und der kleinen und mittleren Unternehmen; 4) Gesundheit; 5) Frieden und Sicherheit; 6) Infrastruktur, Energie und Transport; 7) Kultur, Tourismus und Bildung; 8) Medien-, Informations- und Kommunikationstechnologie; 9) Umwelt.»

Im Abschnitt ‹VIII. Medien-, Informations- und Kommunikationstechnologie› führt das Rahmenabkommen detaillierter aus: «In Anerkennung der Bedeutung des Kommunikations- und Informationsflusses als Mittel zur Verbreitung von Wissen über die unterschiedlichen Kulturen und Gesellschaften in Afrika und der Türkei, sowie zur Beseitigung von Stereotypen und zur Verstärkung gegenseitig nützlicher Beziehungen zwischen ihren Völkern:

  1. verpflichten wir uns, gemeinsam und einmütig Initiativen zum proaktiven Einwirken auf afrikanische, türkische und internationale Medien zu planen und umzusetzen, um für die Afrikanische Union sowie für afrikanische und türkische Prioritäten und Errungenschaften zu werben;
  2. stimmen wir überein, Möglichkeiten zu weitreichenden Beziehungen und zum Austausch von Erfahrungen zwischen den in den Medien Tätigen in Afrika und der Türkei durch Austauschprogramme zu fördern, die ein Bewusstsein für die Probleme und Herausforderungen schaffen, mit denen Afrika und die Türkei konfrontiert sind, um ein Rahmenwerk für die Zusammenarbeit zu schaffen, das dabei hilft, diese zu lösen;
  3. stimmen wir überein, uns gegenseitig in der Erforschung neuer Technologien zu unterstützen, die eine schnellere und effizientere Kommunikation und Informationsverbreitung fördern;
  4. stimmen wir auch überein, den Kapazitätsaufbau im Bereich der Informationstechnologie zu fördern;
  5. stimmen wir überein, in der Implementierung der Ergebnisse des Weltgipfels zur Informationsgesellschaft (WSIS), der in Tunis, Tunesien, vom 16. bis 18. November 2005 stattfand.»

Die Ziele der Afrika-Politik definierte Recep Tayyip Erdoğan, damals Ministerpräsident, in einem Rundschreiben, das am 26. März 2010 im Amtsblatt Resmi Gazete veröffentlicht wurde:

Die Aufnahme einer integrierten Afrikastrategie in den Bereichen, die auf dem Gipfeltreffen zu Kooperation zwischen der Türkei und Afrika von 2008 angenommen wurden und auf einer gemeinsamen Zusammenarbeit basieren, hat sich für die Entwicklung politischer und wirtschaftlicher Beziehungen mit den restlichen Ländern des Kontinents als eine dringende Notwendigkeit erwiesen. Der Akt zur Afrikastrategie wird zur Stärkung der Zielsetzung der ‹Partnerschaft› mit der Afrikanischen Union (AU) in Kraft gesetzt; um unsere bilateralen politischen, ökonomischen und militärischen Beziehungen mit den Ländern des Kontinents innerhalb des Rahmenwerks der ‹Partnerschaft für eine gemeinsame Zukunft› zu vertiefen; um die aktive Teilnahme der übrigen Ministerien, öffentlichen Institutionen und Nichtregierungsorganisationen in den Aktivitäten der Zusammenarbeit sicherzustellen, die durch das Außenministerium durchgeführt werden; um die türkische Geschäftswelt im subsaharischen Afrika genauso wie in Nordafrika anzusprechen; um die Unterstützung für unser Land in internationalen Organisationen zu erhöhen; und um unser Land in denjenigen afrikanischen Ländern wirksam zu fördern, die keine angemessenen Informationen über die Türkei besitzen.

Die konkrete Umsetzung umreisst der Gemeinsame Plan zu Implementierung der afrikanisch-türkischen Partnerschaft 2015-2019 näher, der auf dem Zweiten Afrika-Türkei-Gipfeltreffen im November 2014 in Malabo in Äquatorial Guinea verabschiedet wurde. Dieses Abkommen enthält mehrere Stellen, die auch für den Mediensektor interessant sind. Im Kapitel «I. Institutionelle Kooperation», Abschnitt 1.4, wird die staatliche türkische Entwicklungsorganisation TİKA (siehe «Türk İşbirliği ve Koordinasyon Ajansı, TİKA» unten) als Kooperationspartner für «Regionale ökonomische Gemeinschaften und die Zivilgesellschaft» bestimmt. Kapitel «VIII. Infrastruktur, Energie, Bergbau und Transport» erwähnt Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) im Absatz 12. b) als Feld der Zusammenarbeit. Und Kapitel X. ist ausschließlich dem Mediensektor gewidmet: «Im Hinblick auf die Katalysatorrolle, die die Medien sowie die Informations- und Kommunikationstechnologie in der laufenden Entwicklung haben, stimmen die Vertragsparteien überein: a) die Produktion und Ausstrahlung von Programmen zu fördern, darunter Filme und Schauspiele, die von türkischen und afrikanischen Produzenten erstellt wurden; b) Weiterbildungen für junge afrikanische Journalisten und Medienmitarbeiter bereitzustellen; c) im Zeitrahmen des Implementierungsplans ein türkisch-afrikanisches Medienforum zu organisieren; d) afrikanische Zentren im Bereich der IKT zu unterstützen.»


Das Handelsvolumen mit den Ländern südlich der Sahara wuchs in den letzten beiden Jahrzehnten rasant: Betrug es 2001 nur 1,075 Mrd. US-Dollar, so waren es 2019 bereits 7,605 Mrd. US-Dollar, was allerdings im gesamten Außenhandelsvolumen der Türkei 2019 von 391,178 Mrd. US-Dollar nur ein kleinerer Posten war. Parallel dazu dehnte Turkish Airlines ihr Netz auf heute 56 Destinationen in Afrika aus und ist inzwischen bezüglich der Passagierzahlen nach Ethiopian Airlines die zweitgrößte Fluggesellschaft in Afrika, in Bezug auf den Frachtsektor sogar die Nummer Eins.

So wichtig wie die Erschließung neuer Märkte ist der Türkei jedoch auch der Ausbau der politischen Beziehungen und die Sicherung der Unterstützung der afrikanischen Staaten in globalen Institutionen wie den Vereinten Nationen. Ein erster Erfolg war im September 2008 die Wahl der Türkei als nicht-permanentes Mitglied in den UN-Sicherheitsrat, mit vielen Stimmen afrikanischer Länder.

In einer diplomatischen Offensive eröffnete die Türkei zahlreiche neue Botschaften in Afrika. Hatte sie 2002 dort erst zwölf Botschaften, stieg ihre Zahl bis 2020 auf 42 an und acht weitere sind geplant. Im selben Zeitraum wuchs die Zahl der afrikanischen Botschaften in der Türkei von zehn auf 35. Bis heute besuchte Recep Tayyip Erdoğan zuerst als Ministerpräsident und dann als Präsident 42 Mal afrikanische Länder. Selbt wenn man Erdoğan durchaus als ‹reisefreudig› beschreiben kann, zeigt dies, dass Afrika zu einem neuen Schwerpunkt der türkischen Außenpolitik wurde.

Was macht die Türkei in Afrikas Mediensektor?

Der Bereich der ‹Medien sowie Informations- und Kommunikationstechnologie›, der in der Istanbuler Deklaration von 2008 definiert ist, wird auf verschiedene Weisen beackert. Zum einen wurden mit einigen Ländern Staatsverträge abgeschlossen, zum anderen sind verschiedene türkische Organisationen in diesem Sektor tätig. Das Spektrum reicht vom staatlichen Pressebüro über türkische Medien- und Entwicklungsorganisationen bis zur rein kommerziellen türkischen Unternehmen. Doch auch die staatliche Institution, die Stipendien vergibt, YTB, und die Maarif Stiftung, die die türkischen Auslandschulen betreibt, sind zumindest indirekt in diesem Bereich ...

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